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Die Geschichte der Araberzucht in der DDR von 1947 bis 1990

Die Araberzucht auf dem Gebiet der DDR begann nach dem 2. Weltkrieg mit der Einfuhr der Stute Suse. 1943 im Haupt- und Landgestüt Marbach geboren, gelangte sie 1947 zu Dr. Kurt Lehrmann in Haldensleben. Ein Jahr später kam die Stute Daheim, geboren 1941, nach Magdeburg zu Prof. Dr. W. Lembcke. Suse wurde Jahre später ihre Zugehörigkeit zu den Vollblutarabern aufgrund ihres Pedigrees aberkannt. Die genaue Abstammung der Daheim konnte dagegen nicht ermittelt werden. Allerdings trug sie einen Radautzer Brand, so dass sie als Shagyaaraber eingestuft wurde. Noch heute ist diese Stutenfamilie in der Population vertreten.

Die Vollblutaraberzucht begann mit dem Import der Schimmelstute Roszka. 1945 in Babolna (Ungarn) geboren, stand sie zunächst im Gestüt Achental bei Gertraude Griesbach. Über ihre 1952 geborene Tochter Ruala begründete sie dort einen umfangreichen Familienzweig. Roszka kam 1954, tragend von Wisznu bzw. mit Fohlen bei Fuß, zur Dr. Kurt Lehrmann. Hier brachte sie fünf weitere Fohlen. Ihr Partner war der Vollblutaraberhengst Adonah. Dieser 1936 in Ujazd (Polen) geborene Schimmel stammt vom berühmten Fetysz, der auch in der Trakehnerpopulation eine Linie begründete. Adonah kam durch die Kriegswirren nach Deutschland und war zunächst als Beschäler für das Landgestüt Halle-Kreuz im Einsatz. 1950 / 51 deckte er bei Berlin / Buch und kam aber noch 1951 zu Dr. Lehrmann.

Nach dem Tod von Dr. Kurt Lehrmann 1959 übernahm Werner Wieland aus Liebenwalde Roszka und deren Nachzucht. (Adonah ging in das Tierzuchtinstitut nach Dummerstorf bei Rostock). Leider fohlte Roszka nur noch einmal von dem Hengst Aladin (Araberrasse) bevor sie 1961 einging. Somit konnte lediglich ihre Tochter, Rawanah, (Vollgeschwisterpaarung mit Abdullah) zum Erhalt der Stutenfamilie im Osten beitragen. Allerdings gelangten ihre drei Söhne Wesir (v. Wisznu) 1954, Abdullah (v. Adonah) 1956 und Raswan (v. Adonah) 1960 züchterische Bedeutung.

Wesir wurde vom Landgestüt Moritzburg angekauft und als Veredler in der Schweren Warmblutzucht eingesetzt. Sechs seiner Söhne wurden gekört und 5 Töchter erhielten die Staatsprämie. In der Vollblutaraberzucht hat seine einzige Tochter Ghibli für zahlreiche Nachkommen gesorgt.

Wesir in Moritzburg (Foto: Archiv)

Die Vollbrüder Abdullah und Raswan haben hingegen mehrere Töchter hinterlassen. Insbesondere die ausdruckssstarke Fuchsstute Mekka v. Raswan (1978) ist zu erwähnen. In der Anpaarung mit dem Trakehnerhengst Ephor brachte sie eine typstarke Tochter für das Volksgut Kölsa. Heute ist Mekka noch über die Hengste Machmuth Nur (v. El Konto) (Rennleistungsprüfung in Polen) und Mc Menach (v. Cyklon) vertreten.

Abdullah hat als Muttervater im Turniersport von sich Reden gemacht. So konnte der Hengst Ghadif a.d. Gäa v. Abdullah in Springprüfungen gegen Warmblutkonkurrenz bis Klasse M bestehen.

Als zweites Standbein der ostdeutschen Vollblutaraberzucht kamen 1955 zunächst Galka v. Marabut a.d. Orda (geboren 1945 – Janow Podlaski) und etwas später Armenia v. Witraz a.d. Amneris(geboren 1947 – Janow Podlaski) in die DDR. Sie wurden vom Tierzuchtinstitut Dummerstorf importiert und sollten die Demonstration verschiedener Pferderassen ergänzen. Ab 1959 stand hier mit Adonah auch ein Hengst mit polnischer Blutführung zur Verfügung.

Galka und Armenia in Dummerstorf (Foto: Archiv)

Da sich Dummerstorf ab Ende der 1950er Jahre nur noch der Forschung auf dem Gebiet der Rinder- und Schweinezucht widmete, ging 1960 zunächst Galka und ein Jahr später auch Armenia in den Rostocker Zoo. Hier wurde etwas abseits der Zooanlage der Fohlenhof Biestow aufgebaut. Dr. Sperlich, Kustus für Haustiere, war der Ansprechpartner für alle Themen rund um die Vollblutaraberzucht des Zoos.

1966 erfolgte der Import der 4-jährigen El-Trypoli-Tochter Zygota aus dem polnischen Gestüt Michalow. Sie brachte im Rostocker Zoo neun Fohlen. Sechs  Töchter stellten diese Stutenfamilie auf eine solide Basis. Eine davon ging in die Vollblutaraberzucht des Gestüts Ismer.

Die letzte Stute, die 1967 in die DDR importiert wurde, war die Sedziwoj – Tochter Cyneraria (geboren 1961). Leider hinterließ sie lediglich den Hengst Cid ben Afas, der hier nur kurz in der Zucht wirkte, bevor er 1981 nach Schweden ging.

Neben Adonah, der zum Zeitpunkt der Übersiedlung in den Zoo Rostock schon 26 Jahre alt war, kam 1964 Abu Afas v. Bad Afas a.d. Gahdar (geboren 1947) als Deckhengst nach Rostock. In Nowy Dwor geboren, deckte er von 1955 bis 1963 in der Mecklenburger Warmblutzucht. Hier hat er neben dem gekörten Sohn Azur hervorragende Halbblüter für den Springsport hinterlassen.

Abu Afas in Polen (Foto: Archiv)

Abu Afas (1947) Enkel des Originalarabers Kuhailan Afas machte international vor allem über seinen Sohn Comet von sich Reden. Erwähnenswert ist seine Tochter Sabellina. Sie war in zwei Rennjahren 7 mal am Start, gewann 5 Rennen darunter das Derby und den Oaks (= Stutenderby). Von ihren 16 Nachkommen gewannen ebenfalls Mehrere Derby und Oaks.

1972 kam aus dem Gestüt Janow Podlaski der Hengst Mors (v. Aquinor a.d. Morena) dazu. Da sich in der Zwischenzeit der Stutenbestand in DDR erhöht hatte, wurde er stark als Deckhengst genutzt. 

Im Rahmen des Tiertausches folgte 1975 Kaidal II, v. Kaisoon a.d. Dalila als Fohlen aus dem Duisburger Zoo. Er wurde 1978 gekört und gab seinen Nachkommen durchgängig Trockenheit, Ausstrahlung und sein wunderschönes großes Auge mit.

Kaidal II (Foto: G. Roericht)

Für drei Jahre (1977 – 1979) deckte der polnisch gezogene Hengst Polish Lancer v. Gerwazy a.d. Lafirynda (geboren 1966) im Rostocker Zoo. Er war von Miss Lindsay in England gezogen und hinterließ 4 eingetragene Töchter.

Drei weitere Importhengste haben in der Vollblutaraberzucht der DDR gewirkt. Aus Babolna kam 1980 der ägyptische Fuchshengst Ibn Galal 22. Er sollte vordergründig in der Haflingerzucht als Veredler eingesetzt werden, brachte aber auch zahlreiche Nachkommen in der Araberzucht.

1983 wurde der braune Hengst Puszyczk (v. Aloes a.d. Pliszka v. Gwarny), geboren in Michalow, für zwei Jahre gepachtet. Er brachte u.a. den gekörten Hengst Zyrius (a.d. Zylona).

Puszyczyk im Rostocker Zoo

Der letzte Hengstimport zu DDR-Zeiten war 1989. Das brandenburgische Haupt- und Landgestüt stellte mit Patrol v. Aloes a.d. Parma einen Hengst auf, der auch in der Warmblutzucht eingesetzt wurde.

Alle weiteren Vollblutaraber in der DDR gehen auf die hier aufgeführten Importe zurück. Somit sind es überwiegend polnische Linien und Familien, auf deren Basis in der DDR gezüchtet wurde. Während die Stute Roszka und der Hengst Kaidal II teilweise auch polnische Vorfahren aufweisen, war lediglich der Hengst Ibn Galal 22 als reiner Ägypter in der Population vertreten.